Gerhard Weiser – Jugendherbergs-Öko und Umweltpädagoge
Moderne Umweltbildung für die ganze Breite der Bevölkerung: In den bayerischen Jugendherbergen bekommt man ein Gefühl für die Umwelt im Urlaub ganz nebenbei mit.
Was sind Alpine Studienplätze in den Jugendherbergen? Und wie wird man Koordinator dafür?
Darunter verstehen wir erlebnisreiche Klassenfahrten im Alpenraum. Alles dreht sich um die Natur der Alpen, aber vermittelt wird es mit aufregenden Programmen, einer Mischung aus Bildung und Action. Ich habe in Benediktbeuern Sozialpädagogik studiert und für meine Diplomarbeit über sanften Tourismus unter anderem bei den hiesigen Jugendherbergen recherchiert. Ich wollte immer schon Umwelt, Natur und Pädagogik verbinden, so war ich dann bei den Jugendherbergen erst freiberuflich tätig und bin seit 2005 fest angestellt.
Warum liebst du deine Arbeit?
Die Programmthemen entstehen aus den Gegebenheiten unserer wunderschönen Landschaft und überschneiden sich oft mit meinen privaten Interessen. Die pädagogische Umsetzung bedeutet für mich daher eine große Freiheit.
Um was für Konzepte geht es da?
Etwa unser Käseprogramm „Mozzarella auf Boarisch“, das wir in Garmisch anbieten. Da stellen die Kinder aus regionaler Milch Käse her. Ich lebe zwar jetzt vegan, aber das ist eine super Sache. Gemeinsam mit einer Hauswirtschaftsmeisterin haben wir nach etwas gesucht, das man in einer kurzen Zeitspanne vermitteln kann. So sind wir auf eine Art Mozzarella gekommen. Das ist super, das geht schnell, man kann also direkt etwas verköstigen. Und man lernt so viel über die regionale Viehhaltung, die die Landschaft prägt, Ernährung und das Lebensmittel Milch.
Ist es ein Beruf für dich – oder Berufung?
Für mich ist es eine Berufung, ich kann mit Einsatz und interessenorientiert arbeiten. Ich bin ein ziemlicher Öko, mit meiner Arbeit kann ich die Menschen für die Schönheit der Landschaft sensibilisieren und ihnen ein Gefühl der Verantwortung für diese Landschaft mitgeben.
War diese Art von Arbeit immer dein Traum?
Ja, ich wollte in der Nähe bleiben – und in dieser wundervollen Landschaft pädagogische Arbeit und Natur verbinden. Zudem habe ich mit so vielen verschiedenen Menschen zu tun, mit Lehrern, Familien, den Mitarbeitern der Jugendherbergen, mit Menschen aus dem Forst, mit Vogelschützern…
Dein typischer Joballtag – wie würdest du ihn beschreiben?
Es ist viel koordinative Arbeit. Gruppen und Referenten zusammenzubringen, das ist oft komplex. Gerade jetzt, da wir viele Referenten verloren haben, weil viele von ihnen nach der Pandemie nicht mehr freiberuflich arbeiten. Es geht viel um Schulungen und die Zusammenarbeit mit ortsansässigen Firmen, wie z.B. Radverleihern. Aber hin und wieder darf ich auch selbst raus, das ist schön. Ein Highlight war für mich dieses Jahr, als ich mit Familien zum Klettergarten gewandert bin und wir dann auf dem Rückweg eine Barfuß-Challenge im Bergbach gemacht haben. Das Wasser war kalt, und alle fanden es entsprechend „cool“.
Was macht dich besonders stolz an deiner Arbeit?
Wir freuen uns über unsere große Reichweite, mit der wir den sensiblen Umgang mit der Natur vermitteln können. Meistens richtet sich Umweltbildung eher an die, die ohnehin ökologisch interessiert sind. Aber wir haben die ganze Breite der Bevölkerung bei uns in den Jugendherbergen, und die bekommt dieses Gefühl für die Umwelt im Urlaub ganz nebenbei mit. Wir erreichen unglaublich viele Menschen, viele Tausende im Jahr. Wenn da nur 100 etwas für ihr Leben lernen, dann ist das super.
Profitieren davon auch Einheimische?
Ja, zum Beispiel als Referenten. Wer im Vogelschutz aktiv ist oder sich für den Bergwald begeistert, kann nach entsprechender Schulung bei uns aktiv werden. Und wir arbeiten mit regionalen Firmen zusammen, etwa dem Radverleih, das bringt direkte regionale Wertschöpfung. Außerdem begrüßen wir Schulen und Vereine aus dem Landkreis als unsere Gäste.
Siehst du dich als Urlaubsmacher?
Ja, für einen Urlaub, den man so nur in der Jugendherberge bekommt. Bei uns plaudern die Locals aus dem Nähkästchen, unsere Referenten sind aus der Gegend. Natur und Landschaft werden den Gästen niederschwellig nahegebracht, man muss nicht zu Veranstaltern oder zum Radverleih im Nachbarort, bei uns bekommt man Urlaub aus einem Guss.
Ohne Menschen wie dich und deine Arbeit, was würde es da nicht geben?
Für viele Touristen ist die Natur nur die Kulisse, in der sie sich bewegen. Doch mit unseren Programmen wird die Verbindung zur Natur tiefer. Nach einer geführten Radtour wird einem bewusster, dass man Teil des Ganzen ist. Man lernt, sich achtsam zu bewegen, nicht nur zu konsumieren, versteht, wie schützenswert unsere Natur ist.
Was bringt der Tourismus dir persönlich als Einheimischer? Und was bringt er der Region?
Wir haben hier wenig Industrie und für eine profitable Landwirtschaft liegen wir zu hoch. Das heißt: Ich hätte ohne den Tourismus keinen Job in Garmisch. Und das gilt auch für viele andere Bewohner; der Lebensunterhalt kommt für fast alle direkt oder indirekt durch den Tourismus. Wir erreichen dadurch einen hohen Lebensstandard. Und der Tourismus hilft, die Landschaft zu erhalten. Weil die Leute wegen der Schönheit der Natur kommen, legt die Bevölkerung größeren Wert darauf, dass diese erhalten bleibt. Sie ist unser Kapital, wenn man so will. Und deshalb brauchen wir auch keine Industrie- und große Gewerbegebiete.