Ilonka Scheuring – Winzerin in Pink

Ilonka Scheuring, 38 Jahre alt und Winzerin aus „Maroggo“ am Main, verleiht edlen Tropfen echten Charakter.

Ilonka Scheuring führt ihr eigenes Weingut in Franken, hat zwei kleine Söhne, ein altes Feuerwehrauto, die unterschiedlichsten Scheureben – und trägt gerne pinkfarbene Gummistiefel.

© bayern.by – Bernhard Huber

Maroggo in Franken – wo ist das?

(lacht): Unser Dorf heißt eigentlich Margetshöchheim am Main, hat wegen seines langen und schwer auszusprechenden Namens jedoch den Spitznamen Maroggo. Den kennt wirklich jeder hier, und wer im sieben Kilometer entfernten Würzburg am Bahnhof ankommt und nach „Maroggo“ fragt, wurde bisher auch immer richtig geschickt.

Beruf oder Berufung – warum liebst du deine Arbeit?

Ich liebe meine Arbeit, weil es immer etwas Neues zu entdecken und auszuprobieren gibt. Weil sie nie gleich ist und Wein ein sehr leckeres Kulturgut ist.

Bist du Newcomer oder schon ein alter Hase?

Obwohl ich schon mein ganzes Leben lang in der Branche bin, fühle ich mich meist wie eine Newcomerin. Zugegeben, ein bisschen alter Hase ist auch dabei, da ich jedes Jahr etwas dazulerne.

Wie bist du zu deiner derzeitigen Tätigkeit gekommen?

Meine Eltern fingen mit dem Weinbau als Hobby an. Damals war ich noch ein Kind und immer gerne in den Weinbergen dabei. Ich habe lieber im Dreck gewühlt, als drinnen in der Stube zu spielen. Nach der Schule war klar, dass ich in diese Männerdomäne will. Dazu habe ich Weinküfer gelernt und bin nach der Ausbildung zum Arbeiten ins Ausland gegangen. Erst nach Südtirol, dann nach Neuseeland. Als ich zurückkam, war klar, dass ich zu Hause anfange. Danach habe ich noch zwei Jahre die Technikerschule für Weinbau und Önologie besucht und leite seither unseren Betrieb.

Dein Markenzeichen sind pinkfarbene Gummistiefel. Bist du damit eine Außnahmeerscheinung in deinem Beruf?

Das mit den Gummistiefeln in Pink ist bei einem Schnappschuss entstanden. Und es prägt sich gut bei den Leuten ein. Zum Glück werden es langsam mehr Winzerinnen. Allerdings fallen mir in ganz Franken nur fünf Betriebsführerinnen ein. Das mag aber auch daran liegen, dass das Ganze sehr zeitintensiv und körperlich anstrengend ist. Außerdem habe ich einjährige Zwillinge, und als selbstständige Frau in der Landwirtschaft ist es nicht möglich, Elternzeit zu nehmen. Das sieht in einem Angestelltenverhältnis natürlich anders aus.

© bayern.by – Bernhard Huber

Dein typischer Joballtag – wie würdest du ihn beschreiben?

Puh, den gibt es nicht, da er jahreszeitenabhängig ist. Mal arbeite ich draußen am Weinberg, dann – wie jetzt im Winter – bin ich viel im Weinkeller und im Frühjahr und Herbst in der Heckenwirtschaft tätig.

Hast du auch eine Gastronomie dabei?

Keine richtige, die Heckenwirtschaft beruht auf dem alten Recht, dass wir 16 Wochen im Jahr unseren selbstproduzierten Wein ausschenken dürfen. Dazu gibt es einfache Gerichte wie unsere Bratwurst-Hotdogs und Hecken-Wraps oder ganz klassisch fränkische Blut- und Leberwürste.

Wenn du an deine Arbeit denkst, was macht dich besonders stolz?

Dass ich eines der letzten Handwerke ausübe, in denen man vom Anfang bis zum Ende der Produktionskette alles selbst in der Hand hat. Und, dass dieses Lebensmittel dann auch noch schmeckt und vielen Menschen Freude bereitet.

Wie profitieren Einheimische von eurem Angebot?

Unsere Heckenwirtschaft ist ein Beispiel. Die Einheimischen wissen, dass sie nur eine begrenzte Zeit geöffnet hat, dass es dort lustig zugeht und sie immer gern gesehene Gäste sind. Oder die Landschaft, die wir Landwirte hegen und pflegen und dadurch erhalten. Jeder kann hier spazieren gehen, auch durch unsere Weinberge, und die abwechslungsreiche Natur genießen. Durch unsere Arbeit gibt es Streuobstwiesen, Ackerbau, Weinbau, Wälder und das schöne Flusstal – würden wir Landwirte das nicht machen, würde das alles schnell zuwuchern.

Was ist deine Rolle als Urlaubsmacherin?

Ich bin Entertainerin! Wir bieten auch Weinproben und Weinwanderungen an, das sind Dienstleistungen, die mir großen Spaß bereiten.

Ohne Menschen wie dich und deine Arbeit, was würde es da nicht geben?

Es würde ein beliebtes Kulturgut fehlen, das vielfältig und abwechslungsreich ist und Spaß macht. Und natürlich das gesellige Beisammensein. Denn Wein trinkt man meist in Gesellschaft.

Was bringt dir der Tourismus persönlich?

Mir bringt er neue Kundschaft. Das sind meist Leute, die Kurzurlaub in Franken machen und schon mal von uns gehört oder gelesen haben und sich das live anschauen wollen. Unserer Region bringt der Tourismus viele Arbeitsplätze und eine gewisse Stabilität, von der wir alle profitieren.

© bayern.by – Bernhard Huber
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Ilonka liebt ihr Handwerk – und ihr Markenzeichen, die pinken Gummistiefel.

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