Petra Genster – Fels in der Brandung und Lebensraum-Managerin
Stellvertretende Tourismusdirektorin und stellvertretende Werkleitung von Tourismus Oberstdorf (Kurbetriebe)
Mein Name ist Petra Genster, ich wurde vor 60 Jahren in Oberstdorf geboren und bin dort im Gästehaus meiner Eltern aufgewachsen. Seit 33 Jahren arbeite ich bei Tourismus Oberstdorf, davon seit 22 Jahren in der Geschäftsführung.
Beruf oder Berufung – warum liebst du deine Arbeit?
Ganz klar: Berufung, denn ich bin zur richtigen Zeit an die richtige Stelle gekommen und mache genau das, wofür ich brenne – Menschen zusammenzubringen und zu unterstützen, einen Beitrag zu ihrem Erfolg zu leisten, die Natur zu erhalten und unseren Lebensraum weiterzuentwickeln. Ich liebe diese Möglichkeit, Lebens- und Wirkungsraum zu verbinden. Beides als Lebensgrundlage zu kombinieren ist meine Motivation und auch Herausforderung. Denn Oberstdorf ist ja nicht nur meine Heimat, sondern auch eine begehrte Tourismusdestination. Tourismus ist für mich Leidenschaft und Berufung zugleich.
Wie bist du zu deiner derzeitigen Tätigkeit gekommen?
Eigentlich wollte ich Kommissarin werden, doch dann landete ich in einer Ausbildung zur Bürokauffrau bei der Kur AG Oberstdorf, wo der damalige Bürgermeister den Grundstein für meine Verbindung zur heutigen Tätigkeit legte. Der Liebe wegen zog ich später nach Mittenwald, doch nach einigen Jahren kehrte ich auf Drängen meiner Mutter nach Oberstdorf zurück, denn sie brauchte Unterstützung in ihrem Gästehaus. Ich bewarb mich auf eine Stelle bei Tourismus Oberstdorf. Dort bekam ich die Chance, mich weiterzuentwickeln, was ich mit großer Freude und Dankbarkeit annahm. Ich konnte mich stetig weiterqualifizieren, als Ausbilderin für Reiseverkehrskaufleute, für Freizeit- und Tourismuskaufleute, den Tourismusfachwirt sowie Veranstaltungskaufleute. Seit zehn Jahren übe ich auch eine Lehrtätigkeit im Tourismusmanagement an Hochschulen aus. Das wiederum bringt mir auch sehr viel Input für meine anderen Aufgaben, da ich mich immer mit der Thematik des touristischen Wandels sowie Trends und Marktentwicklungen beschäftigen muss.
Dein typischer Joballtag – wie würdest du ihn beschreiben?
Immer besonders und spannend, da er von Menschen geleitet ist. Ich kenne in Oberstdorf alle Bereiche und Belange. Und durch mein Netzwerk erhalte ich oft wichtige Unterstützung bei der Umsetzung von Projekten.
Wenn du an deine Arbeit denkst, was macht dich besonders stolz?
Das großartige Team, das ich mir aufgebaut habe und die Erkenntnis, dass Urlaubs- und Lebensraum zusammen gedacht werden müssen. Denn heute geht es nicht mehr nur um den Gast, sondern darum, dass wir auch die Einheimischen mitnehmen. Ein gutes Beispiel ist die Gästekarte, in der seit Juli 2022 auch das Busfahren inkludiert ist. Von solchen Angeboten sollen auch unsere Einheimischen profitieren. Deshalb gibt es seit November 2022 eine preislich sehr attraktive Mobilitätskarte: Für 100 Euro können Oberstdorfer zwölf Monate lang alle Busverbindungen im Gemeindegebiet Oberstdorf nutzen.
Damit wären wir schon bei der nächsten Frage: Wovon profitieren Einheimische eigentlich?
Viele Effekte aus dem Tourismus kommen auch den Einheimischen zugute. Oberstdorf ist eine heile Welt – echte Bergnatur. Denn die Berge und Naturerlebnisse sind die Gegenwelt zum Alltag. Erlebbar beim Wandern, beim Sport, beim Langlauf und Ski alpin sowie beim Spazierengehen. Nehmen wir das Beispiel Wanderwege: Wir Touristiker kümmern uns das ganze Jahr darum, dass das 200 Kilometer große Wegenetz gepflegt wird. Oder die Bergbahnen: Ohne Tourismus hätten wir sicherlich keine drei Bergbahnen in unserem Ort. Oder die Bustaktung – sie ist auch für Einheimische deutlich attraktiver. Auch das 2021 eröffnete Nordic Zentrum, das Langlaufzentrum im Ried, kommt den Einheimischen zugute. Sogar zu Pandemie-Zeiten haben wir die Loipen gespurt, weil wir wollten, dass die Menschen raus an die frische Luft und unsere herrliche Natur genießen können. In Oberstdorf kann man viel für sich, die Familie und Freunde tun, um im Gleichgewicht und fit zu bleiben.
Was ist deine Rolle als Urlaubsmacherin?
Die größte Herausforderung war und ist, Oberstdorf als Marke weiter zu etablieren. Die Verantwortung für Urlaubs- und Lebensraum zu übernehmen. Die Ursprünglichkeit unserer Natur zu bewahren, Vertreterin eines starken Dorfes mit starken, authentischen Charakteren zu sein. Einen ehrlichen und authentischen Tourismus mit Unterstützung unserer nachhaltigen und naturnahen Strategie zu vertreten. Ich sorge dafür, dass die soziale Komponente beim Thema Nachhaltigkeit im Vordergrund steht. Nur so können wir alle überzeugen, nur so funktioniert ein gemeinsames Zukunftsbild.
Neulich sagte mir jemand „Du bist eine Lebensraum-Managerin“, was ich eine passende Bezeichnung für meine Rolle finde. Meine Kollegen nennen mich oft „Fels in der Brandung“. Denn ich bin ein stabiler Typ und frage nicht als erstes, warum etwas passiert ist, sondern suche sofort nach einer Lösung. Ich unterstütze gerne, und das mit Leidenschaft und auf Augenhöhe.
Ohne Menschen wie dich und deine Arbeit, was würde es da nicht geben?
Viele Weiterentwicklungen im Dorf und etliche gut ausgebildete Fachkräfte. Mehr als 80 junge Menschen haben eine Ausbildung bei mir durchlaufen und sind heute in tollen Positionen.
Ich sehe mich oft als Impulsgeberin, ich fordere und fördere. Und besonders wichtig ist für mich auch, die menschliche Komponente zu berücksichtigen und einzubeziehen – bei Gästen und bei Mitarbeitern.
Was bringt dir der Tourismus persönlich?
Das Wichtigste ist, Vertrauen zu schaffen in die Zukunft, im Dialog mit Gästen, Partnern und den Schlüsselpersonen am Ort. Ein gemeinsames Zukunftsbild zu haben. Die Gastgeber um mich herum, das sind meine wichtigsten Leistungsträger und ich freue mich, wenn ich sie unterstützen kann und sich die Gäste bei ihnen wohlfühlen. Wenn ich bei der Vierschanzentournee im Stadion bin und sehe, wie viele Menschen gekommen sind und Freude haben, dann laufen mir manchmal die Tränen herunter. Denn wir haben dazu beigetragen, dass sie dieses tolle Erlebnis haben und ein Stück weit Glück verspüren. Das gibt mir auch eine innere Zufriedenheit und Motivation für alles, was künftig auf uns zukommt. Es ist wichtig, etwas zu tun, hinter dem man leidenschaftlich steht.